Probleme der Phytotherapie: SaferSurf active [ymwvpgdf]
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home pharma-kritik infomed-screen free drug info ressourcen bestellen über uns pharma-kritik pharma-kritik Links Probleme der Phytotherapie F. Jungi & E. Gysling Reviewer R. Joss, M.M. Kochen, S. Krähenbühl und A. Stuck
Über viele Jahrhunderte beruhte die Pharmakotherapie zu einem bedeutsamen Teil auf pflanzlichen Wirkstoffen und solche stellen noch heute in vielen
Ländern ein wichtiges Element der Therapie dar. Auch bei uns finden sich fast in allen Fachgebieten anerkannte Arzneimittel, die einen botanischenUrsprung haben. Der Begriff «Phytotherapeutikum» ist deshalb nicht ganz einfach festzulegen. Oft werden heute Gemische von pflanzlichen Wirkstoffen alsPhytotherapeutika bezeichnet. Im Rahmen einer «rationalen Phytotherapie» handelt es sich dabei um sogen. standardisierte Extrakte.1 Daneben werdenaber auch nicht-standardisierte Präparate und solche, die neben pflanzlichen noch weitere Bestandteile enthalten, als Phytotherapeutika bezeichnet.
Wie bei anderen Medikamenten sollte sich die Diskussion über Phytotherapeutika nicht auf theoretische Überlegungen konzentrieren, sondern ganz konkretdarnach fragen, welcher Nutzen und welche Risiken für kranke Menschen damit verbunden sind. Phytotherapeutika sind nicht grundsätzlich frei vonunerwünschten Wirkungen, sondern besitzen häufig eine dosisabhängige Toxizität. Einleuchtende Gründe, weshalb die Wirksamkeit und Sicherheit dieserArzneimittel nicht nach naturwissenschaftlich einwandfreien Methoden beurteilt werden sollten, sind nicht vorhanden.
Tatsächlich liegen jedoch für die grosse Mehrzahl der Phytotherapeutika weder ein überzeugender Wirkungsnachweis noch eine genügendeDokumentation der Sicherheit vor. Für diese Tatsache gibt es eine Reihe von Gründen, von denen einige in den Tabellen 1 und 2 zusammengestelltsind.2,3 Von besonderer Bedeutung ist der Mangel an methodologisch guten Studien. In diesem Zusammenhang wirkt sich das Fehlen einer adäquatenKontrolle in den USA, wo viele Phytotherapeutika als mehr oder weniger unkontrollierte «dietary supplements» verkauft werden können, ungünstig aus.
Meistens kann auf Grund der vorhandenen Untersuchungen eine günstige Wirkung eines Phytotherapeutikums nur vermutet (oder mindestens nichtabgelehnt) werden. Dies ist selbst dann eine unbefriedigende Situation, wenn es lediglich um die Beeinflussung von sogenannten Befindlichkeitsstörungengeht. Nicht selten verursachen solche Behandlungen beträchtliche Kosten für die Betroffenen selbst; ihre Interessen sind nur dann wirklich geschützt, wennein genügender Wirkungsnachweis vorliegt. Verhängnisvoller sind jedoch die oft sehr vollmundigen und weit gehenden Versprechungen echter Heilungdurch pflanzliche Präparate z.B. bei Krebskranken, die in ihrer Verzweiflung und Angst geneigt sind, solchen Anpreisungen nur allzu schnell Glauben zuschenken.
Im folgenden Text wird diese Problematik anhand einiger wichtiger Beispiele von Phytotherapeutika ausführlicher illustriert.
Mistelpräparate | Ukrain | PC-Spes | Weitere bei Krebskranken propagierte Mittel | Echinacea | Ginkgo | Johanniskraut | Schlussfolgerungen | Tabellen | Kommentar | | Literatur
Mistelpräparate
Mistelpräparate gehören im deutschsprachigen Raum zu den von Krebskranken am häufigsten verwendeten Medikamenten. In der Schweiz sind einzig dieverschiedenen Iscador®- Präparate erhältlich. Es handelt sich um einen fermentierten wässerigen Extrakt aus Misteln, die auf verschiedenen Wirtbäumengewachsen sind, mit einem Zusatz von Kupfer, Quecksilber oder Silber. In Deutschland sind ausserdem zwei auf Mistellektin I standardisierte Präparate imHandel. Die Misteltherapie geht auf Rudolf Steiner, den Begründer der anthroposophischen Bewegung, zurück. Von den verschiedenen Inhaltsstoffen desMistelpresssaftes kommt wahrscheinlich am ehesten den Mistellektinen Bedeutung in der Tumortherapie zu. Insbesondere das Mistellektin I besitztzytostatische und immunmodulatorische Wirkungen. Obwohl Iscador® seit Jahrzehnten verwendet wird und auch zahlreiche Publikationen dazu (und zuanderen Mistelpräparaten)vorhanden sind, steht ein überzeugender Nachweis der klinischen Wirksamkeit dieses Präparates auch heute noch aus. Das amerikanische «NationalCancer Institute» hat die vorhandenen Arbeiten ausführlich analysiert.(4) Diese Analyse stellt fest, dass Mistelextrakte gemäss mehreren Berichten dieLebensdauer und/oder die Lebensqualität von Krebskranken verbessern soll. Praktisch alle Studien wiesen jedoch bedeutsame methodologischeSchwächen auf, so dass Resultate kaum zuverlässig seien. Die amerikanischen Fachleute kommen zum Schluss, methodologisch gute Studien mitMistelextrakten seien wünschenswert. Ausserhalbsolcher Studien könnte jedoch die Verabreichung von Mistelextrakten nicht empfohlen werden. Als Beispiel für die fragwürdige Qualität der zur ZeitverfügbarenStudien mag die in letzter Zeit von der Iscador®- Herstellerfirma wiederholt in ihrer Werbung erwähnte «beweisende» Studie dienen. In dieser Studie seiunter anderem die Überlebensdauer von Frauen mit Brustkrebs unter Iscador ® doppelt so lang gewesen wie bei Kontrollen.(5) Diese Aussage beruht aufeinem Studienteil, in welchem 17 bezüglich Alter und Tumorstadium «passende Paare» («matched pairs») von Frauen gebildet wurden. Die eine Frau einesPaares erhielt Iscador®, die andere diente als Kontrolle (keine randomisierte Studie im üblichen Sinn). Es ist unklar, ob bezüglich Iscador® ein eigentlichesStudienprotokoll vorhanden war; ebenso unklar ist, welches Iscador®-Präparat in welcher Dosis verabreicht wurde. Zudem lässt sich nicht nachvollziehen,wie die Auswahl der «matched pairs» erfolgte und weshalb nicht mehr solcher Paare gebildet wurden.(2) Andere Teile dieser Publikation sind mit ähnlichoffensichtlichen Mängeln behaftet. Demgegenüber stehen einige neuere Studien mit Mistelextrakten, die keinen Nutzen zeigen konnten, z.B. einerandomisierte Studie bei 477 Personen mit einem Spinalzellkarzinom im Kopf- oder Halsbereich, in der das Mistelpräparat weder einen Überlebensvorteilnoch eine verbesserte Lebensqualität ergab.(6) Zu der Annahme, Mistelpräparate könnten dazu beihelfen, dass eine Chemotherapie besser vertragen wird,liegen keine Studien vor. Obwohl die Mistel zu den giftigen Pflanzen gerechnet wird, scheinen die kommerziell erhältlichen Präparate kaum schwerwiegendeNebenwirkungen zu verursachen. Es liegen allerdings Untersuchungen vor, die eine tumorstimulierende Wirkung von Mistelextrakten möglich erscheinenlassen.(7) Gemäss vorläufigen Resultaten einer grösseren Studie, in der Personen mit einem Melanom unter anderem auch mit Iscador® behandelt wurden,fanden sich unter dem Mistelpräparat verschiedene ungünstige Auswirkungen.(8) Es sind auch anaphylaktische Reaktionen nach der Injektion vonMistelpräparaten beobachtet worden. Die Wirksamkeit von Mistelextrakten bei Krebskranken ist bisher nicht nachgewiesen. Sorgfältig konzipierte undadäquat ausgewertete prospektive Studien sollten dazu mehr Klarheit bringen. Sofern nicht medizinisch indizierte Behandlungen vernachlässigt werden,wird zwar mit Mistelpräparaten wohl nicht viel Unheil angerichtet. Diese Präparate eignen sich aber z.B. eindeutig nicht als Ersatz für eine indizierteendokrine und/oder zytostatische Adjuvansbehandlung beim primären Mammakarzinom.
Mistelpräparate | Ukrain | PC-Spes | Weitere bei Krebskranken propagierte Mittel | Echinacea | Ginkgo | Johanniskraut | Schlussfolgerungen | Tabellen | Kommentar | | Literatur
Ukrain ist ein Extrakt aus dem grossen Schöllkraut (Chelidonium maius) in chemischer Verbindung mit dem bekannten Zytostatikum Thiotepa. In einerrandomisierten Studie erhielten je 30 Personen mit fortgeschrittenem Pankreaskarzinom Gemcitabin (Gemzar®), Ukrain oder die beiden Medikamentekombiniert. Die mit Ukrain Behandelten hatten mehr Teilremissionen, Tumorstabilisierungen und eine längere mittlere Überlebensdauer.(9) Ob jedochUkrain wirksamer als Thiotepaallein ist, wurde bisher nicht dokumentiert. Der Nutzen des Schöllkrautextrakts bleibt somit unbestimmt.
Mistelpräparate | Ukrain | PC-Spes | Weitere bei Krebskranken propagierte Mittel | Echinacea | Ginkgo | Johanniskraut | Schlussfolgerungen | Tabellen | Kommentar | | Literatur
PC-SpesUnter dem Namen PC-Spes wurde bis vor kurzem eine chinesische Mischung von acht Pflanzen als «neues biologisches Konzept zur Behandlung vonProstatakrebs» propagiert. Die chemische Analyse dieses Präparates ergab neben pflanzlichen Bestandteilen variable Mengen von weiteren Wirkstoffenwie Antikoagulantien, Diäthylstilböstrol und Indometacin (Indocid® u.a.).(10) Es gibt dazu einige Labor- und klinische Untersuchungen, jedoch keinerandomisierte Studie.(11) Das Mittel wurde schliesslich vom Markt zurückgezogen. Neuerdings wird jedoch ein anderes Kräuterpräparat (ProstaSol) mitähnlich dürftiger Dokumentation illegal in der Schweiz angewandt. Die Wirkung von PC-Spes und verwandten Kräutermischungen könnte aufPhytoöstrogene zurückzuführen sein.(11) Deshalb ist nicht ausgeschlossen, dass solche Präparate allenfalls bei Prostatakarzinom eine Alternativedarstellen könnten. Anderseits liesse sich ihre Wirkung auch durch den Gehalt an Diäthylstilböstrol erklären.(11) Jedenfalls stellen Präparate, die nebenPhytotherapeutika ungenügend definierte aktive Komponentenenthalten, eine erhebliche Gefahr dar.
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Weitere bei Krebskranken propagierte Mittel
Auch für den «Tahitian Noni Juice», einen Extrakt aus der polynesischen Frucht Morinda citrifolia, und für das Algenprodukt Spirulina werden diverseHeilversprechen gemacht. Ob diese Mittel tatsächlich «das Immunsystem in Schwung bringen und dem Krebs Paroli bieten» oder neben Krebs auchBluthochdruck, Diabetes, Schlaganfall, Fibromyalgie und vieles andere heilen können, ist absolut unbewiesen. Ukrain, PC-Spes, ProstaSol und ähnlicheMittel sind allesamt so mangelhaft untersucht, dass von ihrer Anwendung abgeraten werden muss. Die hauptsächliche Gefahr der Anwendung solcherPhytotherapeutika liegt im Risiko, dass Krebskranke von einer korrekten, Erfolg versprechenden Tumorbehandlung abgehalten werden.
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Echinacea
Extrakte aus verschiedenen Sonnenhut-Arten werden zur Prävention und Behandlung von Erkältungskrankheiten eingesetzt. Je nachdem, aus welcherPflanze (Echinacea purpurea, E. angustifolia, E. pallida) und aus welchem Pflanzenteil (Kraut, Wurzel) ein Präparat gewonnen wird, enthält esunterschiedlicheWirkstoffe. Die Wirksamkeit von Echinaceaextrakten soll auf einer Immunstimulation, auf der Hemmung viraler Replikation und auf entzündungshemmendenEffekten beruhen. In einer in der Cochrane Library veröffentlichten Metaanalyse sind bis zum Frühjahr 1998 veröffentlichte Studien berücksichtigt. (12) DieAutoren beschreiben die grosse Heterogenität bzw. die unklare Vergleichbarkeit der verschiedenen Echinacea- Präparate als Hauptproblem. Sie stellenzudem fest, dass einegrössere Zahl von Studien – vermutlich mit negativen Resultaten – nicht veröffentlicht worden ist («publication bias»). Sie zweifeln im übrigen, dass die inder Mehrzahl der berücksichtigten Studien gefundenen Vorteile von Echinacea klinisch relevant sind. Seit diese Metaanalyse zusammengestellt worden ist,sind einige weitere Studien publiziert worden, die jedoch den Gesamteindruck nicht entscheidend ändern. In einer neueren, sorgfältig durchgeführtenDoppelblindstudie mit Placebokontrolle vermochte die Einnahme einer Mischung von Echinaceaextrakten in Kapselform weder die Dauer noch dieSymptome von Erkältungserkrankungenzu reduzieren.(13) Bisher sind immerhin nur wenig unerwünschte Wirkungen von Echinacea bekannt. Allergische Exantheme und anaphylaktischeReaktionen sind beobachtet worden. Zurzeit findet sich keine überzeugende Evidenz, wonach Echinaceaextrakte die Symptome oder die Dauer vonErkältungskrankheiten mindern würden. Diese Präparate stellen zwar kaum ein gesundheitliches Risiko dar, verursachen jedoch unnötige Kosten.
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Extrakte aus den Blättern des japanischen Tempelbaums (Ginkgo biloba) werden in der chinesischen Medizin seit Jahrhunderten für verschiedeneKrankheiten eingesetzt. In Deutschland stellten Ginkgoextrakte im Jahr 2000 die am häufigsten verordnete Antidemenz-Behandlung dar.(14) Ginkgo wirdnicht nur bei Demenz, sondern auch bei Vergesslichkeit, peripheren arteriellen Durchblutungsstörungen und bei Tinnitus verwendet. Die Extrakte enthaltenTerpenoide (Ginkgolide undBilobalid) und Flavonoide. Das Wirkstoffgemisch soll unter anderem zur Gefässerweiterung, zur Inaktivierung von freien Radikalen und zur Verminderungder Blutviskosität führen. Eine in der Cochrane Library veröffentlichte Metaanalyse der bis Mitte 2002 veröffentlichten Studien bei Demenz kommt zuzurückhaltenden Schlüssen. Gesamthaft seien zwar Daten vorhanden, die eine vorteilhafte Wirkung von Ginkgo auf kognitive Funktionen annehmenliessen; neuere Studien hätten jedoch widersprüchliche Resultate ergeben.(15) Gemäss einer anderen systematischen Übersicht sind die vorhandenenDaten offensichtlich ungenügend, um auf eine positive Wirkung von Ginkgo schliessen zu können.(16) Mit Cholinesterasehemmern wie z.B. Rivastigmin(Exelon®) sind Ginkgopräparate bisher nicht direkt verglichen worden. Bei der symptomatischen Therapie einer Claudicatio intermittens sind Ginkgoextraktegemäss einer Metaanalyse der Placebotherapie überlegen; es handelt sich jedoch um einen Effekt von fraglicher klinischer Relevanz.(17) Auch bei Tinnitusgelangen die meisten Studien zu einer positiven Beurteilung von Ginkgo und auch hier ist nicht klar, ob ein klinisch bedeutsamer Nutzen erreicht wird. UnterGinkgopräparaten sind Kopfschmerzen, Brechreiz, verschiedene Magen-Darmbeschwerden und allergische Hautreaktionen beobachtet worden. AuchEinzelfälle von Blutungen sind mit Ginkgo in Verbindung gebracht worden.(3) Ginkgopräparate werden bei gesundheitlichen Problemen in Betrachtgezogen, zu deren medikamentösen Behandlung heute noch nur wenig attraktive Alternativen zur Verfügung stehen. Dies genügt jedoch nicht, um ihreAnwendung zu rechtfertigen. Erst wenn bessere Studien vorliegen, wird über Nutzen und Risiken der Ginkgoextrakte und über einen allfälligen Einsatz z.B. bei beginnender Demenz entschieden werden können.
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Johanniskraut
Extrakte von Johanniskraut (Hypericum perforatum) werden in erster Linie zur Behandlung von Depressionen empfohlen. Die Extrakte enthalten eine Vielfaltvon möglichen Wirkstoffen. Ob (wie ursprünglich vermutet) der Hypericingehalt tatsächlich für die Wirkung entscheidend ist, wird heute in Frage gestellt. Möglicherweise ist mit Hyperforin, das die Wiederaufnahme verschiedener Neurotransmitter hemmt, eine wichtige Komponente gefunden worden.(3) Damitkommt der Hypericin-Standardisierung der Präparate geringere Bedeutung zu; die Variabiliät des Wirkstoffgehalts in verschiedenen Präparaten ist bei Johanniskraut einungelöstes Problem. Seit in dieser Zeitschrift über Johanniskrautextrakt berichtet worden ist,(18) hat die Popularität dieses Phytotherapeutikums weiterzugenommen. In der Zwischenzeit sind auch noch weitere Studien und mehrere Metaanalysen veröffentlicht worden. Diese lassen zusammenfassend denSchluss zu, Johanniskrautextrakte stellten eine sinnvolle Alternative für die kurzfristige Behandlung leichter bis mittelschwerer Depressionen dar.(3,19)Dabei muss man berücksichtigen, dass bei Depressionen manchmal sehr hohe Placebo-Responderraten beobachtet werden. Wenn einJohanniskrautextrakt z.B. in einer Studie ähnlich gut antdepressiv wirksam war wie niedrig dosiertes Imipramin (Tofranil®, 100 mg/Tag), so wird dieseFeststellung stark relativiert, wenn in derselben Studie die depressiven Symptome unter Placebo bei 63% um mindestens die Hälfte abnahmen (Imipramin:bei 67%, Johanniskraut: bei 76%).(20) In zwei placebokontrollierten Studien, die bei schwerer Depression durchgeführt wurden, unterschied sichJohanniskraut bezüglich des primären Endpunktes (Verbesserung auf der «Hamilton Rating Scale») nicht vom Placebo.(21,22) In der einen dieser Studieerfolgte zudem ein Vergleich mit Sertralin (Gladem®, Zoloft®), das im Vergleich mit Placebo zwar nicht auf der Hamilton-Skala, aber wenigstens auf eineranderen Skala überlegen war.(22) Unter Johanniskrautextrakten werden Kopfschmerzen, gastrointestinale Symptome, Müdigkeit, Schwindel und allergischeHautreaktionen beobachtet. Seltene Komplikationen sind eine Photosensibilisierung und ein Serotonin-Syndrom-ähnliches Bild. Durch Induktion vonCYP3A4 und P-Glykoprotein können Hypericum-Extrakte praktisch relevante Interaktionen verursachen. So ist z.B. eine Verminderung der Wirkung vonoralen Antikoagulantien, Digoxin und Ciclosporin (Sandimmun®) möglich. Zahlreiche andere Wirkstoffe (auch orale Kontrazeptiva) können beeinflusstwerden. Johanniskrautextrakte können zur kurzfristigen Behandlung von leichten bis mittelschweren Depressionen eingesetzt werden. Sie sind in derSchweiz nach wie vor ohne ärztliche Verordnung erhältlich. In Anbetracht der Gefahren einer Depression und des Interaktionsrisikos derJohanniskrautextrakte muss jedoch unbedingt zu einer regelmässigen ärztlichen Kontrolle geraten werden.
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Schlussfolgerungen
Phytotherapeutika, für die der Anspruch einer echten Wirksamkeit erhoben wird, müssen nach den gleichen strengen Kriterien wie synthetische Heilmittelbeurteilt werden. Für die hier besprochenen Mittel, die alle verhältnismässig häufig eingesetzt werden und ihren Herstellern viel Geld einbringen, ist jedochder Nachweis von Wirksamkeit und Verträglichkeit noch nicht in zufriedenstellendem Ausmass erbracht. Da es sich grossenteils um gut verträgliche Mittelhandelt, sind weitere, methodologisch einwandfreie Studien erwünscht. Im übrigen ist wichtig, dass man von ärztlicher Seite der Tatsache Rechnung trägt,dass sehr viele Leute Phytotherapeutika einnehmen, weshalb man immer ausdrücklich nach der Einnahme solcher Mittel fragen und mit dem nötigenFingerspitzengefühl entsprechend informieren sollte.
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Tabelle 1: Häufig beobachtete methodologische Probleme von Phytotherapie-Studien (nach (2))
• Ungenügende Anzahl von Probandinnen und Probanden
• Ungenügende statistische Planung der notwendigen Personenzahl
• Analyse nicht nach dem «Intention-to-Treat»-Prinzip
• Verwendung komplizierter, teilweise fragwürdiger und kaum nachvollziehbarer Methoden (z.B. «matched pairs»)
Tabelle 2: Häufige Präparate-bezogene Probleme von Phytotherapeutika (nach (3))
• Grössere Unterschiede im Wirkstoffgehalt zwischen verschiedenen «standardisierten» Präparaten oder zwischenverschiedenen Auslieferungen desselben Präparates
• Ungenügende Vergleichbarkeit verschiedener Markenpräparate infolge von zusätzlichen Bestandteilen)
• Beimengung von anderen, toxischen Pflanzenteilen
• Kontamination mit Umweltgiften (Metallen, mikrobiellen Toxinen, Pestiziden, Fungiziden usw.)
• Beimengung von synthetischen Wirkstoffen
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Kommentar
Ginkgo wird besonders von älteren Personen eingenommen. Gerade bei diesen liegen jedoch oft Probleme vor, bei denen eine medikamentöseBehandlung oder Massnahmen der Gesundheitsförderung indiziert wären (z.B. Plättchenhemmer, Antihypertensiva, körperliche Aktivität). Die Einnahme vonGinkgo kann dazu führen, dass wirksame Massnahmen im Alter herausgezögert oder vernachlässigt werden. Deshalb halte ich eine ärztliche Verordnungvon Ginkgo nicht für angebracht.
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Literatur
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